Seit Tagen liegt der süße Duft des nahenden Wochenendes in der Frühlingsluft und macht Freude auf die Ereignisse, die uns bevorstehen. Es ist Freitag, der 15. April und um Punkt 14:00 Uhr werden sämtliche Stifte in sämtlichen Büros sämtlicher Bandmitglieder fallen gelassen.
Naja, wer arbeitet überhaupt noch mit Stiften? Und überhaupt.. Simon ist Student, der fällt sowieso raus. Bennet arbeitet in seinem Job eh nur in Ausnahmesituationen. Okay dann bleiben halt noch drei imaginäre Stifte zum Fallengelassenwerden… Weiter im Text. Wir kommen also mal wieder mit den verschiedensten Verkehrsmitteln aus den verschiedensten Ecken des Landes getingelt um uns wo zu treffen? Genau: In der wunderschönen Hanse- und Salzstadt Lüneburg.
Wir haben heute die Ehre, das Konzert der St.Pauli-Ska-Punk-Legende „Rantanplan“ zu eröffnen. Die Hütte ist schon im Vorfeld ausverkauft, geil! Was soll jetzt noch großartig schiefgehen? Außer natürlich der serienmäßigen Verspieler, die wir sowieso immer, unerhört oft sogar unbemerkt, in unsere Songs mit einbauen. Als Live-Gimmick sozusagen. Wir sitzen also dementsprechend gut gelaunt beim ersten Bier des Abends und gucken uns entspannt den Soundcheck der Rantanplanjungens an und warten darauf, dass wir an der Reihe sind.
Wir können den Großteil der Backline von Rantanplan mitbenutzen, oder „sharen“, wie die coolen Menschen im Konzertbiz zu sagen pflegen. Wir mussten also nicht viel selber mitbringen. Sehr entspannt zur Abwechslung mal. Vielleicht hätte man sich aber im Vorfeld informieren sollen, was denn überhaupt alles an Backline vorhanden ist. Als wir die Bühne genauer betrachten, fällt uns mit unseren geschulten Konzertaugen nach gerade mal 45 Minuten nämlich auf, dass Rantanplan nur eine Gitarre benutzen und dementsprechend auch nur eine Gitarrenbox haben. Ärgerlich popärgerlich. Panik macht sich breit. Alle versuchen noch irgendwie spontan eine Gitarrenbox in Lüneburg aufzutreiben. Da wir es uns generell aber mit allen Bands immer und überall verscherzen, gelingt uns dieses Unterfangen nicht. Kurzerhand wird Per-Ole zum Möbeltaxi degradiert und Richtung des heimischen Proberaums geschickt, um von dort eine Box zu holen (Zeit bis zum Einlass: 45 Minuten, Strecke: 20,3 km, Fahrtzeit 26 Minuten ohne Verkehr, jeweils für eine Strecke, versteht sich).
Wir machen derweil mit einer Gitarre Soundcheck und bereiten uns mental schon mal auf den Supergau vor. Doch: Exakt drei Minuten bevor die Türen aufgehen, kommt Per-Ole samt rettender Box durch die Tür gestürzt. Keiner weiß, wie er das gemacht hat. Es wird in windeseile verkabelt und es bleibt noch genau Zeit, um einen Refrain mit voller Besetzung anzuspielen. Alles passt perfekt. Wir sind halt Profis.
Dann gehen die Türen auf. 30 Minuten später gehen wir pünktlich auf die Bühne und ab geht die Luzi. Der Laden ist schon bumsvoll und wir fühlen uns bumswohl. Das Publikum ist sehr gönnerhaft und feiert direkt von Anfang an mit. Schön! Die Setliste kommt heute von Bennet. Sie ist gut. Alle sind darüber verwundert. Wir sollen am Ende noch zugeben, dürfen aber nicht mehr. Zeitplan und so. Das Konzert war trotzdem Güteklasse A und wir gehen mehr als zufrieden von der Bühne. Rantanplan sind eh geil und reißen den Laden im Anschluss völlig ab. Gleichzeitig schießen wir uns völlig ab.
Am Merchstand wird mal wieder mit Pfeffi gefeilscht bis zum Umfallen. Das haben wir uns jetzt so angewöhnt. Man glaubt gar nicht, wie so ein erfrischender Schluck grünes Gold die festgefahrene Verhandlungsposition des Gegenübers wie ein ordentlicher Schuss WD-40 in Bewegung bringt. („Ey willst n Feuerzeug?“ – „Ne, verpiss dich!“ – „Schluck Pfeffi?“ – „Mh joa..“ – „Dann musst du auch was kaufen, dann halt ich auch meine Fresse“ – „Versprochen?“ – „Versprochen!“)
Am Ende wird wieder alles wild. Im Club ist noch Party, Rantanplan schenken uns ihren Gin, bevor sie abhauen, Simon isst eine Avocado, und die Frikadellen sind in Wirklichkeit gar keine Frikadellen, sondern eine komprimierte Gemüsepfanne. Dann gibt es Suppe. Alles in allem ein guter Abend. Wir fahren mit dem Taxi nach Hause und stellen fest, dass die Gage schon wieder vertrunken wurde. Same procedure as every weekend.