Wir schreiben Freitag, den 20. Mai. Es ist ein schöner, lauer Freitagnachmittag und wir spielen endlich mal wieder in unserem mittlerweile zweiten (oder dritten?) Wohnzimmer Hannover! Mittlerweile haben wir uns schon daran gewöhnt, dass zum Einladen immer nur die halbe Band auftaucht, während der Rest sich mit fadenscheinigen Ausreden (Arbeit, Omas Geburtstag…) vor dem notwendigen Übel drückt.
Zum Glück hat Per-Ole, der seit geraumer Zeit seinen Lebensabend in der Landeshauptstadt verbringt, schon unter der Woche sperriges Gerümpel nach Hannover transportiert. Der Rest wird heute mal in einen Planenanhänger verfrachtet, den Philip sich irgendwo geliehen hat. Der kleine Anhänger wird von einem riesigen Auto gezogen, das Philip sich irgendwo geliehen hat. Hinter dem riesigen Zugfahrzeug wirkt der Anhänger irgendwie winzig.
Bennet hockt noch bei der Arbeit rum.
Daher wird der Anhängerkonvoi mit einigen Musikern und Instrumenten beladen und nach Hannover geschickt, während Hendrik noch auf ihn wartet und ihn dann zuhause einsammelt. Könnte man sich dran gewöhnen, sagt er.
Es folgt eine Fahrt über die schier endlose Autobahn. Nach zwei Minuten überholen Bennet und Hendrik (natürlich mit standesgemäßem Mittelfinger aus dem Fenster) ein schleichendes Anhängergespann samt einiger Bandmitglieder, welches über den Asphalt zu kriechen scheint.
Bennet ist unzufrieden. Die fahrzeugeigene Minibar von Hendrik muss mit Essen und Trinken aufgefüllt werden, sodass ein Stopp auf dem nächsten Rastplatz eingelegt wird. Anschließend wird das Gespann von Fahrer Philip erneut überholt und man beschließt, nicht länger auf den Panzer Rücksicht zu nehmen. Wir wollen schließlich heute noch spielen.
In Hannover angekommen müssen wir leider Gottes feststellen, dass die komplette Straße vor dem Rocker eine riesige Baustelle ist, außerdem verbreitet ein offenes Kanalloch in der Nachbarschaft einen süßlich-cremigen Duft nach Fäkalien. Ziemlich schlecht, wenn man dort parken und ausladen möchte. Also auf zur Parkplatzsuche. Als das Gespann dann auch endlich in Hannover angekommen ist und Finn seinen Privatzug ebenfalls zum Ort des Geschehens dirigiert hat, stellen wir fest, dass die Größe des Anhängers durchaus mit Bedacht gewählt ist. Er passt perfekt zwischen die Baustelle und eine dubiose Hochzeitsgesellschaft, die direkt neben der stinkenden Baustelle ein rauschendes Fest zu feiern scheint.
Nach einem kurzen Soundcheck beschließt man wie immer, noch etwas für den Magen zu tun.
Also macht sich (auch wie immer) die halbe Band auf die Suche nach etwas Nahrhaftem. Am Steintor scheint man sich jedoch relativ einseitig zu ernähren, denn das einzige, was den hungrigen Mäulern ins Auge fällt, sind Döner, auf die niemand Appetit hat. Nach einer Weile entdeckt die Truppe ein, ich nenne es mal „Schaufenster“, in dem riesige Fleischspieße hängen. Der Tenor ist ziemlich schnell klar, hier lassen wir uns nieder.
Bei der Bestellung wird schnell klar, jeder möchte Dürüm. Da hätte man ja auch in einen Dönerladen gehen können.
Auf dem Rückweg zum Rocker spielt sich eine sehr merkwürdige Szene ab. Auf dem Gehweg springt uns ein wildgewordener Einheimischer vor die Nase und brüllt ohrenbetäubend herum. Schnell ist klar, es geht um Leben und Tod. Genaue Nachforschungen unsererseits ergeben, dass das Opfer seiner Darbietung sein Friseur ist, der seinen Job offensichtlich nicht nach den Wünschen des Kunden verübt hat.
Zurück am Rocker werden die ersten Hände geschüttelt, denn man kennt sich hier ja. Und nun? Auftritt! The stage is ours! Diesmal dürfen wir alleine spielen. Wir spielen den wohl heißesten Auftritt des Jahres. Über die ortsansässigen Fernseher werden wir bildlich dargestellt, was uns sehr freut. Nachdem unsere Fratzen einige Zeit das TV-Programm ausgefüllt haben, hat der Inhaber offensichtlich genug von unseren Visagen und zeigt nun dicke Männer beim Boxen. Herrlich!
Mittlerweile ist der Laden bis vor die Tür gefüllt. Vielleicht liegt es daran, dass es regnet. Nach dem Auftritt wollen wir zügig abbauen, was nicht oft vorkommt. Da unser Backstageraum aber mittlerweile zur Cocktailbar umfunktioniert ist und betrunkene Hannoveraner über unsere Sachen trampeln, gestaltet sich das Ganze schwieriger als gedacht. Am Ende ist aber alles eingeladen und wir können uns wieder auf in Richtung Heimat machen, denn Samstag wird schließlich wieder gearbeitet oder wahlweise ausgekatert. Wie sich das gehört.
Hannover, es war uns wieder mal eine Ehre, in dir spielen zu dürfen.
Bis zum nächsten Mal,
dein Feldweg.