Endlich Festival! Unsere Festivalsaison startet dieses Jahr mit dem Fonsstock, einem kleinen aber feinen Festival bei Bremerhaven. Wir haben tierisch Bock und reisen deshalb schon am Freitag an, obwohl wir erst am Samstag spielen sollen – Das nenne ich mal Einsatz. Eigentlich wollen wir uns nur die Auftritte der Rogers und The Prosecution angucken, also doch nur purer Eigennutz… Aber egal: Am frühen Freitagabend besteigen wir gut versorgt mit Schnaps, Zelt und dem üblichen Gerödel unsere Kutsche und reiten los. Doch schon der erste Zwischenstopp deutet eine ganze Reihe von Schwierigkeiten an, die sich das ganze Wochenende über offenbaren sollten. Es geht mal wieder um die Essenfrage. Weil wir eine grunddemokratische Band sind essen entscheiden sich Bennet und Finn unter lautem Protest der übergangenen Musiker im Namen der Band für Subway. Das Essen ist köstlich und die drei anderen sitzen beleidigt rum, hungern und nörgeln. Selber Schuld. Die wilde Fahrt geht weiter und schon nach einigen weiteren Pinkelpausen sind wir am Ziel. Auf dem Festival angekommen, verbringen wir die ersten 10 Minuten damit, den netten Secus am Eingang zu verklickern, dass wir eine Band sind und deshalb leider keine Tickets dabei haben. Nachdem wir auch diese Hürde mit Bravour gemeistert haben, werden wir herzlichst begrüßt und erst einmal auf dem Gelände herumgeführt.
Der erste Mensch, den wir auf dem Campingplatz sehen, hat ein überlebensgroßes Penis-Kostüm an – wir fühlen uns direkt wohl. Der erste Mensch, den wir wiederum hinter der Bühne sehen ist Klaus*, einer unserer Lieblingstechniker von Protones. Wir fühlen uns direkt noch viel wohler.
Als wir mit allen Flucht- und Rettungswegen vertraut sind, machen wir uns daran, unser Zelt aufzubauen. Oder auch: Finn und Simon bauen auf, Hendrik macht Praktikanten-Aufgaben, Bennet filmt das Ganze und Philip steht daneben und schlürft an seinem Trinkrucksack, der mit zornigem Zeug gefüllt ist. Aus der Ferne schallen schon die sanften Klänge von The Prosecution zu uns herüber, wir beeilen uns ein bisschen und schauen uns dann das muntere Treiben auf und vor der Bühne an. Es gibt super Dosenbier zu übelsten Dumpingpreisen und irgendwann sind wir mächtig duhn und feiern die Rogers, die inzwischen die Bühne abreißen. Wir spielen am Samstag um 14:15, noch vor dem lokalen Shantychor, uns ist also klar, dass kein Mensch bei uns vor der Bühne stehen wird, wenn wir nicht ordentlich die Werbetrommel drehen. Also drehen wir die Werbetrommel – und zwar vom Feinsten. Jeder Mensch, der nicht bei 3 auf den Bäumen ist oder uns vermöbeln will bekommt von uns Sticker verpasst und wird vollgelabert. Bei sowas haben wir inzwischen jegliches Schamgefühl abgelegt. Unser Promoplan ist aber natürlich noch viel ausgefeilter. Als auf dem Festivalgelände langsam Schluss ist, werden die Maßnahmen auf den Campingplatz verlegt. In unserem Zelt wartet schon der „magische Koffer“ (der ein oder andere kennt ihn vielleicht) auf uns. In ihm finden sich diverse total absurde oder einfach nur bekloppte Instrumente. Von Nasenflöte über die Melodica bis zum Kazoo ist alles dabei. Bewaffnet mit den Schrottinstrumenten spielen wir ein kleines Unplugged Konzert und geben dabei Hits aus 180 Jahren Musikgeschichte zum Besten. Unsere Zeltnachbarn haben wir auf jeden Fall schon überzeugt. Nach ungefähr 15 Minuten Geplärre bekommen wir weitere Konzertbesucher: Unsere Lieblingssecurity. Wir werden gebeten etwas leiser zu sein. Wir sind natürlich keine Unmenschen und beugen uns dem Willen der Stiernacken. Zum Abschluss wollen wir noch ein wirklich (!) leises Gute-Nacht-Lied spielen. Das finden die beiden Herren gar nicht gut und uns wird mit Rauswurf gedroht. Das können wir natürlich nicht riskieren – schließlich kommen wir ohne unsere Gage gar nicht wieder nach Hause.
Die kurzzeitige innere Leere wird kurzerhand mit Schnaps aufgefüllt und somit die Moral wiederhergestellt, denn es wird Zeit für den nächsten, großartigen Promomove: Die Wildplakartierung. Wir hängen gefühlte 100 Plakate überall auf Gelände und Campingplatz auf. Sie versprechen alle unterschiedliche Dinge: zb. „14:15 Stripshow“, „14:15 Freibier“ oder „14:15 Katy Perry“. Nachdem wir wirklich alle Dixiklos tapeziert haben und die Sonne sich schon wieder zu Wort meldet, gehen wir glücklich ins Bett und freuen uns auf den Auftritt.
2 Stunden später werden wir von einem anhaltenden Dröhnen geweckt. Die Diximenschen dachten, dass es eine gute Idee ist, die Dixis auf einem Festivalcampingplatz um 7:30 abzupumpen. Danke dafür. Naja jetzt sind wir wach und gehen duschen und frühstücken. Auch nach dem Essen geht es uns allen nur so mittelgut, daran sollte sich bis kurz vor unserem Auftritt auch nicht mehr viel ändern. Wir freuen uns schon auf die baldige Heimreise. Während wir Soundcheck machen sind sogar schon ein paar Leute auf dem Platz. Unter anderem auch unsere Nachbarn, die sich ein bisschen wundern, dass wir wirklich eine Band sind. Das „Infield“ (wie die coolen People sagen) füllt sich kontinuierlich, sodass wir tatsächlich vor einem gut gefüllten Publikum anfangen können zu spielen. Während wir spielen werden es sogar noch mehr. Wir haben einen sehr spaßigen Auftritt und reden wie immer zu viel zwischendurch. Außerdem streicheln wir den Fonsstock-Stein – Welch eine Ehre. Wie gesagt, der Auftritt ist super und wir haben danach schon wieder total Bierdurst. Simon und Finn werden zum Merch-Stand abkommandiert, während der Rest der Band abbaut und einläd. Die Beiden können noch nicht ahnen, dass sie hier die nächsten 8 Stunden verbringen werden.
Es wird spontan entschlossen, doch noch nicht abzufahren und lieber noch eine Nacht im Zelt zu verbringen, weil wir auf dem Festival so viel Spaß haben und eh schon wieder keiner fahren darf. Am Merch-Stand spielen sich einige bizarre Szenen ab, die in ihrer Komplexität leider den Rahmen dieses sowieso schon viel zu langen Tourberichtes sprengen würden. Auf jeden Fall wird Simon und Finn nicht langweilig und die Shirts und CDs gehen weg wie warme Semmeln. Im Laufe des Tages wird uns außerdem des Öfteren von einer ominösen Aftershowparty im Keller der Jugendherberge berichtet. Als der Merchvorrat langsam auf ein Minimum zusammengeschrumpft ist, beschließen wir, dass es an der Zeit ist, einzupacken und den Busters auf der Bühne zu frönen und ein bisschen zu feiern.
Nachdem der offizielle Teil des Festivals beendet ist, treffen sich ca. 50 Leute vor der Jugendherberge und freuen sich auf die Aftershowparty, allerdings weiß niemand, wer die Party überhaupt veranstaltet oder wo der Schlüssel vom Keller ist. So passiert innerhalb der nächsten Stunde erstmal nichts und aus den 50 Leuten werden ungefähr 20 bevor doch irgendjemand die heiligen Hallen öffnet. Der Keller ist ungefähr so, wie man sich den Keller einer Jugendherberge vorstellt, dafür stehen zwei fette Boxen dort herum. Schade, dass diese abgrundtief furchtbar klingen. Die Party nimmt ihren Lauf, sämtliche Rauchverbote werden ignoriert und ehe man sich’s versieht sitzen nur noch ein Buster, ein Feldwegler, Klaus*, und ein anderer Mensch am Tisch. Der Rest ist weg. Die Hirne der verbliebenen ebenfalls. Klaus* schläft sowieso schon seit 2 Stunden auf seinem Stuhl bis Finn sich dazu erbarmt, ihn in sein Jugendherbergszimmer zu tragen/schleppen. Unterwegs wird noch eine Pause auf dem Klo gemacht, wo Klaus* knallhart wieder einpennt. Erschöpft und vom Sonnenlicht geblendet fällt nun auch der letzte Feldwegler ins Zelt, wo er zwei Stunden später rabiat dadurch geweckt wird, dass das Zelt um ihn rum abgerissen wird. Auf der Rückfahrt schrammen wir noch knapp am Tod vorbei, weil Simon uns vor Lachen fast gegen einen Baum setzt. Kommt vor.
*Name von der Redaktion geändert